Der Bestand der landwirtschaftlichen Flächen in Wiesbaden ist seit Jahren rückläufig. Laut statistischem Jahrbuch der Stadt Wiesbaden 2022 (siehe Seite 9, Stadtgebiet und Flächennutzung) sind allein von 2017 bis 2021 insgesamt mehr als 100 Hektar landwirtschaftliche Fläche verlorengegangen. Das „Gartenland“, also Flächen die dem Erwerbsgartenbau (insbesondere Anbau von Gemüse) dienen, ist bis zum Jahr 2021 auf eine verbliebene Gesamtfläche von gut 158 Hektar zurückgegangen.
Nun stehen sämtliche landwirtschaftlich genutzten Flächen im insgesamt 125 Hektar großen Westfeld („Perspektivfläche West“) zur Debatte. Dies betrifft in erster Linie die Menschen, die dort wohnen und arbeiten. Aber auch die Nahversorgung aller Menschen in Wiesbaden und der näheren Umgebung steht in Frage.
Ausschnitt aus dem Flächennutzungsplan der Stadt Wiesbaden. Gebiet „Westfeld“ lila umrandet.
Unten - Legende Flächennutzungsplan
Der gültige Flächennutzungsplan weist vor allem die südlichen Flächen des Gebiets oberhalb der Autobahn zwischen Saarstraße und Schönaustraße, aber auch Flächen ganz im Norden des Plangebiets als Flächen für den Erwerbsgartenbau aus. Im südlichen Bereich werden aktuell Flächen von Gartenbaubetrieben bewirtschaftet, die unter anderem auch zur regionalen Versorgung mit Gemüse beitragen.
Ein weiterer bedeutender Teil der Fläche – vor allem in der Mitte des Gebiets – ist als „Grünfläche“ bzw. „Grünfläche in Planung“ ausgewiesen, wird aber derzeit auch landwirtschaftlich genutzt.
Die bisherigen Festsetzungen für das Gebiet das Westfelds als Grünfläche und Fläche für den Erwerbsgartenbau könnten sich bald ändern. Denn die Stadt Wiesbaden überarbeitet derzeit den Flächennutzungsplan.
Der neue Flächennutzungsplan könnte einer großflächigen Bebauung mit Gewerbe im Süden der Fläche (dem Vernehmen nach will die Stadt hier Einrichtungen der Landespolizei unterbringen) und Wohnungen in der Mitte und im Norden (siehe hierzu unseren Standpunkt „Wohnraum“) den Weg bereiten.
Die besonders betroffenen Gartenbaubetriebe im südlichen Teil der Fläche müssen sich daher um ihre Existenzen sorgen. Dabei ist ihr Verhandlungsspielraum gering, denn die Anbauflächen haben sie größtenteils gepachtet – oft von der Stadt, die in ihren Pachtverträgen eine besonders knappe Kündigungsfrist von nur sechs Wochen zum Ende des Pachtjahres festschreibt.
Ersatzflächen konnte die Stadt bislang offenbar nicht anbieten oder konkret benennen. Auf Wiesbadener Gebiet scheint dies auch kaum möglich angesichts der begrenzten Anbauflächen. Das erhöht auch den Druck auf Landwirte, die nicht unmittelbar in den betroffenen Gebieten des Westfelds ansässig sind oder anbauen. Sie fürchten Eingriffe auch in ihre Flächen und Umverteilungen (siehe Wiesbadener Kurier „Landwirte kämpfen um Land“ vom 21. September 2022 – auch online).
Hinzu kommt, dass die Umsiedlungen nicht nur die Anbauflächen, sondern auch die Betriebsstätten und Wohnhäuser der Gartenbaubetriebe betreffen würden. Diese müssten ebenfalls den Bebauungsplänen der Stadt weichen – wenn sie denn verwirklicht werden sollen – und könnten in Zeiten steigender Baupreise kaum wirtschaftlich an anderer Stelle wieder errichtet werden (sofern überhaupt ein geeignetes Grundstück hierfür zur Verfügung steht).
Insbesondere die Gartenbaubetriebe des Westfelds sind außerdem ein wichtiger Bestandteil der Nahversorgung in Wiesbaden. Sie beliefern hiesige Supermärkte, bieten ihre Waren auf dem Wiesbadener Wochenmarkt an oder verkaufen sie in ihren eigenen (Hof-)Läden. Das alles würde wegfallen, wenn die Betriebe ihre Existenzen im Westfeld aufgeben müssten.
Dabei spricht der Kooperationsvertrag von Grünen, SPD, Linken und Volt eine ganz andere Sprache: „Wir fördern die lokale Erzeugung von Nahrungsmitteln“ und „Stärkung der landwirtschaftlichen Direktvermarktung über Hofläden, Märkte und Stände“, heißt es dort (jeweils Seite 13).
Aber auch die für konventionelle Landwirtschaft genutzten Flächen im Westfeld haben einen enormen Wert – natürlich auch für die Nahrungsmittelproduktion.
Sie spielen zudem eine gewichtige Rolle bei der Bindung von CO2. Hier wachsen vornehmlich Getreide und Raps. Ein Weizenbestand speichert ca. 8 Tonnen, Raps ca. 5 Tonnen je Hektar CO2 mehr als durch den Anbau freigesetzt werden.
Der „Bodenviewer“ des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) weist vor allem für die südlichen Flächen des Westfelds den höchsten „Funktionserfüllungsgrad” in der „Bodenfunktionsbewertung“ aus.
Der Kartenausschnitt zeigt die betrachteten Flächen in einem „Ampelsystem“: rote Flächen möglichst freihalten.
Näheres zur Bodenfunktionsbewertung findet sich hier:
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